Bei Experimenten zur Katalyse entstehen große und komplexeDatenmengen. Diese auszuwerten und wieder zu verwenden ist eine enorme Herausforderung. Ein Team von Forschenden und Datenbankspezialist*innen stellt jetzt im Fachjournal „Nature Methods“ ein Datenaustauschformat vor, das die Ergebnisse enzymatischer Experimente komplett erfasst, die Daten strukturiert ablegt und nachvollziehbar macht. Mit dabei sind auch Wissenschaftler*innen des HITS mit der SABIO-RK-Datenbank, in der kinetische Daten nach der Modellierung direkt gespeichert werden.
Während in der Forschung weltweit immer mehr Daten generiert werden, sind diese Datenmengen durch die derzeitige Praxis der Vermittlung wissenschaftlicher Ergebnisse kaum noch zu bewältigen. Fehlende Standards, unvollständige Metadaten und fehlende Originaldaten machen es fast unmöglich, publizierte Ergebnisse zu reproduzieren. Dies gilt auch für Studien zur katalytischen Aktivität, Selektivität und Stabilität von Enzymen und enzymatischen Netzwerken, einem Forschungsfeld, das für die industrielle Biotechnologie ebenso von großer Bedeutung ist wie für biomedizinische Fragestellungen. Hinzu kommt, dass Daten zur Beschreibung enzymatischer Experimente besonders komplex sind: Eine enzymatische Reaktion hängt von zahlreichen Faktoren ab, etwa der Proteinsequenz des Enzyms oder dem pH-Wert.
Hoffnung macht nun das neuartige, standardisierte Datenaustauschformat „EnzymeML“, das 23 Autoren*innen aus 14 verschiedenen Forschungseinrichtungen im Fachjournal „Nature Methods“ vorstellen. EnzymeML kann die Ergebnisse eines enzymatischen Experiments komplett erfassen, von den Reaktionsbedingungen über die gemessenen Daten bis zu dem zur Analyse experimenteller Daten verwendeten kinetischen Modell und den geschätzten kinetischen Parametern. Das Format bietet einen nahtlosen Kommunikationskanal zwischen experimentellen Plattformen, elektronischen Laborbüchern, Werkzeugen zur Modellierung der Enzymkinetik, Veröffentlichungsplattformen und enzymatischen Reaktionsdatenbanken.
Das Projekt steht unter der Leitung von Jürgen Pleiss vom Institut für Biochemie und Technische Biochemie der Universität Stuttgart. Die HITS-Wissenschaftler*innen Ulrike Wittig und Andreas Weidemann sind im Rahmen von EnzymeML für die Datenintegration zuständig. In der am HITS entwickelten Reaktionsdatenbank „SABIO-RK“ werden die kinetischen Daten nach der Modellierung direkt gespeichert. Ziel ist es, den gesamten Prozess der Daten vom Experiment im Labor bis zur Speicherung in Datenbanken mit EnzymeML zu unterstützen und damit auch die Vollständigkeit der Daten und deren Qualität von Anfang bis Ende zu gewährleisten.
Ausführlich dazu in der Pressemitteilung der Universität Stuttgart: https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Auf-der-Forschungsdatenwelle-surfen/
Originalpublikation:
Simone Lauterbach, et al.: EnzymeML: seamless data flow and modeling of enzymatic data“, Nature Methods 2023, DOI 10.1038/s41592-022-01763-1
Fachlicher Kontakt:
Universität Stuttgart:
Prof. Dr. Jürgen Pleiss, Institut für Biochemie und Technische Biochemie, Tel.: +49 711 685 63191, E-Mail juergen.pleiss@itb.uni-stuttgart.de
HITS:
Dr. Ulrike Wittig
Pressekontakt:
Universität Stuttgart:
Andrea Mayer-Grenu, Hochschulkommunikation, Tel.: +49 (0)711/685 82176, E-Mail: andrea.mayer-grenu@hkom.unistuttgart.de
HITS:
Dr. Peter Saueressig
Das HITS (Heidelberger Institut für Theoretische Studien) wurde 2010 von dem Physiker und SAP-Mitbegründer Klaus Tschira (1940-2015) und der Klaus Tschira Stiftung als privates, gemeinnütziges Forschungsinstitut gegründet. Es betreibt Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Informatik. Zu den Hauptforschungsrichtungen zählen komplexe Simulationen auf verschiedenen Skalen, Datenwissenschaft und -analyse sowie die Entwicklung rechnergestützter Tools für die Forschung. Die Anwendungsfelder reichen von der Molekularbiologie bis zur Astrophysik. Ein wesentliches Merkmal des Instituts ist die Interdisziplinarität, die in zahlreichen gruppen- und disziplinübergreifenden Projekten umgesetzt wird. Die Grundfinanzierung des HITS wird von der Klaus Tschira Stiftung bereitgestellt.
Diese Seite ist nur auf deutsch verfügbar
Zur englischen Seite wechseln oder auf dieser Seite bleiben.