Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert die Biophysikerin Frauke Gräter und die Astrophysikerin Saskia Hekker mit ERC Consolidator Grants. Beide sind Gruppenleiterinnen am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) und Professorinnen an der Universität Heidelberg. Das HITS war in diesem Jahr außerdem mit einem ERC Starting Grant für den Astrophysiker Fabian Schneider und der Beteiligung an einem Synergy Grant erfolgreich.
Die Biophysikerin Frauke Gräter und die Astrophysikerin Saskia Hekker erhalten jeweils einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Förderung ist jeweils auf rund zwei Millionen Euro dotiert und läuft über fünf Jahre. Die Forscherinnen sind Gruppenleiterinnen am HITS und zugleich Professorinnen an der Universität Heidelberg. „Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg“, so HITS-Geschäftsführerin Gesa Schönberger. „Er dokumentiert die hohe Qualität unserer Forschung und ist auch ein Ergebnis unserer engen Zusammenarbeit mit der Universität.“
Auf der Jagd nach Radikalen im Kollagen-Gewebe
Frauke Gräter ist seit 2009 Gruppenleiterin am HITS und wird das Institut ab Januar 2021 auch als Institutssprecherin nach außen vertreten. Seit 2014 ist sie Professorin für Molekulare Biomechanik an der Universität Heidelberg. Die preisgekrönte Wissenschaftlerin will mit Computersimulationen und verschiedenen Rechenverfahren entschlüsseln, wie Proteine aufgebaut sind, um gezielt auf mechanische Kräfte reagieren zu können. So bilden zum Beispiel synthetische Polymere unter mechanischer Belastung sogenannte Mechanoradikale, die durch den Bruch chemischer Bindungen entstehen. Aber werden diese schädlichen und hochreaktiven Radikale auch in Gewebe erzeugt, das einer starken Belastung ausgesetzt ist? Frauke Gräter geht dieser Frage am Beispiel von Kollagen nach, dem Protein, das unserem Bindegewebe in Knochen, Bändern und Haut Stabilität verleiht. Gräter konnte zeigen, dass Kollagen unter exzessiver mechanischer Belastung Radikale produziert – eine wichtige Erkenntnis, weil Radikale im Körper Schäden hervorrufen können. Mit dem Projekt „Radicol – Mechanoradicals in Collagen” will sie die Rolle dieser Radikale beim Altern von Kollagen untersuchen. Dafür erhielt Frauke Gräter vom Europäischen Forschungsrat einen ERC Consolidator Grant in Höhe von rund zwei Millionen Euro.
Einblick in die Entwicklung der Sterne
Saskia Hekker ist seit September 2020 Gruppenleiterin am HITS und Professorin für Theoretische Astrophysik am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg. Die Astrophysikerin, die bereits 2013 einen ERC Starting Grant erhielt, forscht auf dem Gebiet der Asteroseismologie. Sie untersucht das Innere von Sternen mit Hilfe von Schwingungen, die an der Oberfläche vieler Sterne sichtbar sind. Besonders interessant sind in dieser Hinsicht die sogenannten „Roten Riesen.“ Sie sind zahlreich, sehr hell und weisen unterschiedliche Sternstrukturen auf. Vor allem aber weisen sie Schwingungen auf, von denen die Forscher auf die Sternstruktur sowohl in tieferen als auch in näher an der Oberfläche liegenden Schichten schließen, sogenannte gemischte dipolare Schwingungsmodi. Mit dem Projekt “Dipolar Sound: Internal structure of red-giant stars through the sound of dipole oscillation modes” will Saskia Hekker die physikalischen Bedingungen und Vorgänge in „Roten Riesen“ aufdecken und verstehen, welchen Ursprung die unterschiedlichen Schwingungsspektren in diesen Sternen haben. Dafür erhielt sie vom Europäischen Forschungsrat einen ERC Consolidator Grant in Höhe von rund zwei Millionen Euro.
Weitere ERC-Förderungen für HITS-Forschung
Das HITS konnte sich in diesem Jahr über zwei weitere Förderungen durch den Europäischen Forschungsrat freuen: Im September erhielt der Astrophysiker Fabian Schneider einen ERC Starting Grant, mit dem er seine eigene Forschungsgruppe „Stellar Evolution Theory“ (SET) aufbauen wird. Und im November bewilligte der ERC einen Synergy Grant in Höhe von 13,9 Millionen Euro für das „UniverScale“-Projekt zur Neuvermessung des Universums, an dem neben den Projektleitern aus Polen, Frankreich und Chile auch das HITS als sogenannter „Beneficiary“ beteiligt ist. Die Astroinformatik-Gruppe unter der Leitung von Kai Polsterer befasst sich in diesem Projekt mit besonders weit entfernten Galaxien aus der Frühzeit des Universums. Sie bringt dabei ihre statistische Expertise ein und verwendet eine neu entwickelte Methode für die Kartierung der Galaxien.
ERC Consolidator Grants
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council – ERC) ist die erste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Der ERC fördert mit seinen Grants exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die bahnbrechende Pionierarbeit in ihrem Forschungsgebiet leisten. Mit ERC Consolidator Grants werden herausragende Forschende zwischen sieben und 12 Jahren nach dem Erlangen des Doktorgrades mit vielversprechender wissenschaftlicher Leistung ausgezeichnet. Die Förderung von bis zu zwei Millionen Euro wird für bis zu fünf Jahre bewilligt.
Für die ERC Consolidator Grants 2020 wurden von 2.506 Anträgen nur 327 Projekte (rund 13 %) ausgewählt, die an Universitäten und Forschungsinstituten in 23 verschiedenen Ländern Europas durchgeführt werden, in Deutschland werden 50 Projekte gefördert. Insgesamt 655 Mio. Euro stellt die EU für die Förderung zur Verfügung. Die Mittel sind Teil des EU-Programms für Forschung und Innovation, Horizont 2020.
Mehr Informationen auf der Website des Europäischen Forschungsrats ERC.
Medienkontakt:
Dr. Peter Saueressig
Head of Communications
Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS)
Tel +49-6221-533-245
peter.saueressig@h-its.org
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. Frauke Gräter
Molecular Biomechanics Group (MBM)
Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS)
Prof. Dr. Saskia Hekker
Theory and Observations of Stars Group (TOS)
Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS)
Das HITS (Heidelberger Institut für Theoretische Studien) wurde 2010 von dem Physiker und SAP-Mitbegründer Klaus Tschira (1940-2015) und der Klaus Tschira Stiftung als privates, gemeinnütziges Forschungsinstitut gegründet. Es betreibt Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Informatik. Zu den Hauptforschungsrichtungen zählen komplexe Simulationen auf verschiedenen Skalen, Datenwissenschaft und -analyse sowie die Entwicklung rechnergestützter Tools für die Forschung. Die Anwendungsfelder reichen von der Molekularbiologie bis zur Astrophysik. Ein wesentliches Merkmal des Instituts ist die Interdisziplinarität, die in zahlreichen gruppen- und disziplinübergreifenden Projekten umgesetzt wird. Die Grundfinanzierung des HITS wird von der Klaus Tschira Stiftung bereitgestellt.
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