Bessere Wettervorhersagen für Afrika: Entwicklungshilfe 2.0

7.02.2018

Niederschlagsvorhersagen sind für landwirtschaftlich geprägte Gebiete wie der Sahelzone von großem Nutzen. Doch während es für Europa verlässliche Modelle und Messungen gibt, ist eine gezielte Nutzung von Wetterinformationen in Afrika noch Zukunftsmusik. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien (HITS) forschen daher an der Verbesserung von Niederschlagsprognosen für Afrika.

Wann regnet es wo und wie viel? Zuverlässige Wetterprognosen sind für Menschen in westlichen Ländern inzwischen selbstverständlich. Während es für diese Regionen verlässliche Vorhersagemodelle und Wetterbeobachtungen gibt, sieht es für viele Gebiete in Afrika wesentlich schlechter aus. In einer jetzt veröffentlichten Studie zeigt das Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Prof. Peter Knippertz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (KIT) und Prof. Tilmann Gneiting vom Institut für Stochastik (KIT) und Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS), warum sich Fortschritte in der Wettervorhersage in Europa und Nordamerika nicht auf Afrika übertragen lassen und was die Wissenschaft tun kann, um diesem Problem zu begegnen. Die Studie ist im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs „Waves to Weather“ entstanden, der sich mit grundlegenden Fragen der Vorhersagbarkeit von Wetter beschäftigt.

Niederschlagsprognosen sind für landwirtschaftlich geprägte Gesellschaften wie im nördlichen tropischen Afrika von großem sozio-ökonomischem Nutzen – dies gilt insbesondere für Gebiete mit insgesamt geringer Gesamtregenmenge, aber intensiven Sturzregen wie dem westafrikanischen Sahel. Die ungenauen oder fehlenden Prognosen für diese Regionen sind mehreren Faktoren geschuldet: Zum einen ist die Datenlage durch eine deutlich geringere Zahl an Messstationen wesentlich schlechter als z.B. in Europa. Zum anderen liefern die bisher verfügbaren Computermodelle kaum verlässliche Vorhersagen. Das Problem: Die vorhandenen Modelle sind auf die Merkmale und klimatischen Parameter bestimmter Regionen – in diesem Fall zumeist Europa und Nordamerika – eingestellt und nur begrenzt auf Gebiete, die von tropischen Gewittern dominiert werden, übertragbar.

„Wettervorhersagen haben sich hierzulande enorm verbessert, was vor allem auch an nachhaltigen Investitionen in die Forschung liegt“, erklärt Prof. Tilmann Gneiting. „Wir haben uns die Frage gestellt, ob diese Fortschritte auch in den Wettervorhersagen für die Tropen zu beobachten sind.“ Das Wissenschaftlerteam hat deshalb erstmalig für das nördliche tropische Afrika eine groß angelegte Vorhersagestudie durchgeführt. Sie verglichen die Niederschlagsprognosen aus mit Supercomputern berechneten Vorhersagemodellen mit Prognosen, die rein statistisch mit Hilfe von satellitengestützten und von Stationen erhobenen Beobachtungsdaten erstellt wurden. Zusätzlich prüften sie, ob eine komplexe statistische Kombination dieser beiden Verfahren eine bessere Prognose erlaubt.

Das Ergebnis: Die Vorhersagen der computergestützten Modelle für Afrika sind nicht annähernd so zuverlässig wie für Europa – trotz der großen Bedeutung von Niederschlagsvorhersagen für die afrikanischen Tropen. Die Wissenschaftler ziehen aus ihren Analysen Konsequenzen für Forschung und Politik. „In die Verbesserung von Wettermodellen für Afrika zu investieren, ist zeitgemäße Entwicklungshilfe“, resümiert Prof. Knippertz vom KIT. In Großbritannien würde bereits ein Teil des staatlichen Entwicklungshilfebudgets in Wetterdienste und Universitäten fließen, um Modelle zu entwickeln, die auch in Afrika geeignet funktionieren.

Publikation: Skill of Global Raw and Postprocessed Ensemble Predictions of Rainfall over Northern Tropical Africa

Wissenschaftlicher Kontakt KIT:
Prof. Dr. Peter Knippertz
Institute of Meteorology and Climate Research (IMK)
Karlsruhe Institute of Technology (KIT)
peter.knippertz@kit.edu

Wissenschaftlicher Kontakt HITS:
Prof. Dr. Tilmann Gneiting
Computational Statistics (CST) Gruppe
Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS)
tilmann.gneiting@h.its.org

KIT

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission. Mit rund 9.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 25.000 Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas. KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft.

Über das HITS

Das HITS (Heidelberger Institut für Theoretische Studien) wurde 2010 von dem Physiker und SAP-Mitbegründer Klaus Tschira (1940-2015) und der Klaus Tschira Stiftung als privates, gemeinnütziges Forschungsinstitut gegründet. Es betreibt Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Informatik. Zu den Hauptforschungsrichtungen zählen komplexe Simulationen auf verschiedenen Skalen, Datenwissenschaft und -analyse sowie die Entwicklung rechnergestützter Tools für die Forschung. Die Anwendungsfelder reichen von der Molekularbiologie bis zur Astrophysik. Ein wesentliches Merkmal des Instituts ist die Interdisziplinarität, die in zahlreichen gruppen- und disziplinübergreifenden Projekten umgesetzt wird. Die Grundfinanzierung des HITS wird von der Klaus Tschira Stiftung bereitgestellt.

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